Der Duftgarten

  • Der Duftgarten, Foto 2021

    Der Duftgarten, Foto 2021

  • Duftschneeball im Duftgarten, Februar 2022

    Duftschneeball im Duftgarten, Februar 2022

  • Marmorplastik „Mutter mit Kind“, Foto 2020

    Marmorplastik „Mutter mit Kind“, Foto 2020

  • Plastik „Mutter mit Kind“ auf dem Andreasplatz, Postkarte um 1910

Station 4

Quelle: Lokaler Server
Formate: audio/mp3

Der Duftgarten

Pflanzen sprechen alle Sinne des Menschen an – so auch den Geruchssinn. Einen Garten ohne das Dufterlebnis zu planen hieße, auf eine wichtige Komponente des Parkgenusses zu verzichten. Allerdings duften die Pflanzen nicht für den Menschen. Der Duft ist eine Eigenschaft, um spezifische Insekten anzulocken, die dann der Fortpflanzung dieser Pflanzen dienen. Pflanzen schützen sich durch ihren Duft auch vor Fressfeinden. Duftende ätherische Öle können ihr Austrocknen verhindern. Pflanzen ziehen mit ihrem Duft unter anderem Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und Nachtfalter an und tragen so auch zur Artenvielfalt bei.
Das ganze Jahr hindurch bescheren uns unterschiedliche Gehölze, Stauden und Blumen ein Dufterlebnis.
Im Frühjahr sind es besonders Traubenhyazinthen, Tulpen, Veilchen, Narzissen, Schneeball oder der Falsche Jasmin mit ihren Düften. Der Vielfalt an Pflanzendüften sind im Sommer mit Rosen, Lavendel, Kräutern, Lilien, Sommerhyazinthen usw. kaum Grenzen gesetzt. Im Herbst zeichnet sich der Duftgarten zum Beispiel durch mehrfach blühende Rosen, Levkojen oder duftende Clematis aus. Selbst der Winter hält für uns Dufterlebnisse mit Duftschneeball, Fleischbeere, Mahonie oder Zaubernuss bereit.
Diese Eigenschaft der duftenden Pflanzen macht man sich zu Nutze, um auch sehbehinderten Menschen ein Naturerlebnis zu ermöglichen. Auf Grundlage dieser Idee entstand bereits 1960 der „Duft- und Blindengarten im Friedrichshain“.
Die Wege wurden barrierefrei geführt, Hochbeete und geschnittene Hecken aus Eibe in Hüfthöhe führen die Besucher. Blumen, Stauden und Gehölze, die sich in ihrem Dufterlebnis ablösen, fanden Aufnahme in den Hochbeeten, aber auch im gesamten Garten.
Die Pflanzen bieten auch durch Berührung ein haptisches Erlebnis. Durch Kunstwerke, die man in den Garten einfügt, kann man dieses Erlebnis noch steigern. Besonders Werke, die klingen oder mit plätscherndem Wasser agieren, sind hierfür geeignet. So setzte man in den Mittelpunkt der Anlage die überlebensgroße Marmorplastik „Mutter mit Kind“ des Bildhauers Edmund Gomansky (1854-1930), um an dieser Stelle auch ein Sinneserlebnis zu ermöglichen. Diese Plastik stand seit 1898 auf dem Andreasplatz, wurde aber durch bauliche Veränderung dort nicht mehr benötigt.
Zur Sicherheit wurde der Garten mit einem zierenden Zaun eingefasst. Der Eingang und viele Pflanzen wurden mit Schildern in Brailleschrift gekennzeichnet. Leider sind durch Diebstahl und Vandalismus immer mehr der ursprünglichen Schilder verloren gegangen und konnten aufgrund der angespannten Haushaltslage des Landes Berlin nicht ersetzt werden. Erhalten sind lediglich das ursprüngliche Eingangsschild, ein Schild für den Zwergflieder (Syringa meyeri) und jenes an der Plastik „Mutter mit Kind“. Wegen dieser fehlenden Beschilderung in Brailleschrift, aber auch wegen stachliger Gehölze – zum Beispiel rings um das Denkmal – kann der Blindengarten seine ursprünglich angedachte Funktion heute leider nicht mehr erfüllen. Es ist jedoch umso anerkennenswerter, dass die Bezirksgruppe Friedrichshain-Kreuzberg des Naturschutzbundes (NABU) sich dafür engagiert hat, die Hochbeete neu zu bepflanzen. Sie präsentieren eine Auswahl von Kräutern und anderen insektenfreundlichen Duftpflanzen, die auch liebevoll beschildert sind.

Es lohnt sich zu jeder Jahreszeit, dieses Kleinod zu besuchen. Vielleicht gelingt es in den Folgejahren, diesen Duftgarten auch wieder verstärkt für die sehbehinderten Mitbürger nutzbar zu machen.