SFZ-Buchrezension: Deutsch in der Grundschule

Hoffmann-Erz, Ruth. Deutsch in der Grundschule. J.B. Metzler: Stuttgart, 2024.

ISBN 978-3-662-66652-4, 304 Seiten

Deutsch in der Grundschule

Dr. Felicitas Tesch schreibt:

Dieses Buch richtet sich an Studierende des Grundschullehramts Deutsch und verbindet Themen der Sprachwissenschaft und der Sprachdidaktik. Es ist in folgende 15 Kapitel unterteilt: Semiotik, Sprechen und Zuhören, Phonetik, Phonologie, Graphematik und Orthografie, Schriftspracherwerb, Methoden des Anfangsunterrichts, Rechtschreibdidaktik, Textlinguistik, Texte verfassen, Lesen lernen, Morphologie, Grammatik, Sprache und Sprachgebrauch untersuchen und Semantik. Die Reihenfolge der Kapitel erscheint zunächst etwas willkürlich, wird aber von der Verfasserin im Vorwort erklärt: Das erste und letzte Kapitel bilden den „Rahmen“ (Semiotik und Semantik), ansonsten wechseln sich linguistische und fachdidaktische Kapitel ab, wobei auch hier keine 1:1-Relation hergestellt wird.

Ziel der Verfasserin ist es, wie sie in ihrem Vorwort betont, „vielfältige Bezüge zwischen Sprachwissenschaft, Sprachdidaktik und Unterrichtspraxis herzustellen“. (S. v) Daher finden sich in diesem Buch auch zahlreiche Beispiele aus der Unterrichtspraxis. Obwohl das Buch primär für Lehramtsstudierende gedacht ist, eignet es sich auch für Fort- und Weiterbildungen.

Dem ersten Kapitel „Semiotik“ wird zunächst ein einführendes Praxisbeispiel vorangestellt, das verdeutlicht, wie Kinder, die noch nicht alphabetisiert worden sind, mit dem Begriff „Zeichen“ (hier: vier Häuser) umgehen. Anschließend werden die Begriffe „Zeichen“, „Zeichentypen“, „sprachliche Zeichen“, „Zeichen und Zeichenbenutzer“ und „Kommunikationsmodelle“ erläutert. Die Verfasserin geht dabei auf unterschiedliche linguistische Theorien (Semiotik, Strukturalismus und Pragmatismus) ein. Diese werden zwar wissenschaftlich korrekt wiedergegeben, aber sprachlich verständlich formuliert. Dieses – wie auch die folgenden Kapitel – endet mit einem Fazit und Aufgaben, die für Grundschullehrer*innen sehr hilfreich sind.

Die nächsten drei Kapitel beschäftigen sich im Wesentlichen mit den mündlichen Fertigkeiten „Hörverständnis und Sprechen“, von der Verfasserin „Sprechen und Zuhören“ (Kapitel 2) genannt. Die Kapitel 3 und 4 („Phonetik“ und „Phonologie“) sind sehr wissenschaftlich, sie sind aber meiner Meinung nach für angehende Lehrer*innen sehr wichtig, zumal die Verfasserin auch besonders auf die Ausspracheschwierigkeiten von nicht-deutschen Muttersprachler*innen eingeht (z.B. die Vokallänge), mit denen es Grundschullehrer*innen in unseren heterogenen Klassen vielfach zu tun haben. Für diejenigen, die weiteren Hintergrund benötigen, endet jedes Kapitel mit einer ausführlichen Literaturliste.

Im folgenden Kapitel 5 („Graphematik und Orthografie“) beschäftigt sich die Verfasserin nach einem einführenden Textbeispiel (Schülertext mit orthografischen Fehlern) mit den beiden konträren Positionen, der Dependenzhypothese und der Autonomiehypothese. Sie gibt hier aber keine Wertung ab, sondern konzentriert sich auf die orthografischen Besonderheiten der deutschen Sprache, die für die Vermittlung derselben durch Grundschullehrer*innen wichtig sind.
Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit dem Schriftspracherwerb, das als Hintergrundwissen für angehende Grundschullehrer*innen besonders wichtig ist.

Im siebenten Kapitel wird es praktisch. Es geht um die Methoden des Anfangsunterrichts. Hier werden die Ganzheitsmethode und die Anlauttabelle präsentiert. Auch im achten Kapitel („Rechtschreibdidaktik“) werden viele praktische Ansätze präsentiert.
Die Kapitel 9 und 10 befassen sich im Wesentlichen mit der Textlinguistik (Kohärenz und Kohäsion) und wie man Texte richtig verfassen sollte.
Es mutet etwas seltsam an, dass nun im 11. Kapitel auf die Lesekompetenz eingegangen wird, die meiner Meinung nach zu den Grundfertigkeiten gehört und eigentlich vor der Textlinguistik behandelt werden sollte. Dieselbe Kritik trifft auf die Kapitel 12 („Morphologie“) und 13 („Grammatik“) zu. Inhaltlich ist an diesen Kapiteln nichts auszusetzen, ich hätte sie nur in einer anderen Reihenfolge präsentiert.

Im Kapitel 14 werden die unterschiedlichen Konzeptionen zur Grammatikvermittlung dargestellt, bevor im abschließenden Kapitel, das den Rahmen darstellen soll (s.o.), auf die Semantik eingegangen wird. Das letzte Kapitel ist wieder sehr theoretisch und eignet sich vor allem für Lehramtsstudierende, die etwas mehr Interesse an der Linguistik haben und sich mit dieser Materie eingehender beschäftigen wollen.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass dieses Buch allen wissenschaftlichen Standards entspricht, aber auch eine Reihe von praktischen Vorschlägen beinhaltet.
Es kann daher allen angehenden Grundschullehrer*innen empfohlen, aber auch nützlich in Fort- und Weiterbildungen eingesetzt werden.

Das Buch steht in der SFZ-Präsenzbibliothek zur Einsichtnahme bereit.