Grunewald: Villen, Kiefern, Seen

Vom Forstgebiet zum Steuerparadies

Der Ortsteil Grunewald wird seinem Namen gerecht: Er ist zum größten Teil Forstgebiet.

In den Jahrzehnten der politischen Teilung der Stadt war der weitläufige Wald zwischen Avus und Havel das wichtigste Naherholungsgebiet für West-Berlin. Seit das Berliner Umland wieder für Ausflüge offen steht, geht es rund ums Jagdschloss Grunewald und den Grunewaldturm ruhiger zu. Auch in der Villenkolonie Grunewald fühlt man sich weitab von der Großstadt. Prachtvillen und Gärten zwischen Kiefern und Seen, durchmischt mit kleinteiligeren Wohnhäusern aus der Nachkriegszeit, und viel Platz auf sonntäglich menschenleeren Straßen: So erlebt man den Stadtteil beim Flanieren. Grunewald ist der am dünnsten besiedelte Ortsteil des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. 2023 waren hier nur 11.258 Einwohner gemeldet.

Als Steuerparadies für Großverdiener, die es aus Berlin und Charlottenburg „ins Jrüne“ zog, ist die Villenkolonie ab 1889 entstanden. Die Parzellierung und Vermarktung von 234 Hektar Wald als Bauland war ein lukratives Zusatzgeschäft für dasselbe Bankenkonsortium, das seinerzeit den Kurfürstendamm zum Boulevard ausbauen ließ – was der Dichter Ludwig Fulda mit den Versen kommentierte:

Wenn nimmersatt
Die Riesenstadt Ins Herz der Forste bricht
Dann sieht man bald
Den Grunewald
Vor lauter Villen nicht.

Die Fläche der neuen Ansiedlung im Grunewald war größer als der Berliner Tiergarten. Die Bauherren refinanzierten einen großen Teil der Grundstücks- und Baukosten dadurch, dass sie jenseits von Berlin und Charlottenburg viel niedrigere Kommunalsteuern zahlen mussten.

Die Villenkolonie erhielt zehn Jahre nach ihrer Gründung, 1899, den Status einer selbständigen Landgemeinde, den sie bis zur Eingemeindung in den Bezirk Wilmersdorf von Groß-Berlin 1920 behielt. Der Geldadel und das Großbürgertum, das hier bis zum Zweiten Weltkrieg lebte, war zugleich Bildungsbürgertum, oft jüdischer Herkunft. Auch Wissenschaftler und Künstler, die es sich leisten konnten, wohnten gerne in der Gegend und wurden in die Villen der Reichen eingeladen. Das machte die Villenkolonie zu einem kulturellen Zentrum des Kaiserreiches und der Weimarer Republik, das nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verödete. Mindestens ein Drittel der Bevölkerung war von rassischer und politischer Verfolgung, von Repression und Enteignung oder Ermordung betroffen.

In der Nachkriegszeit lebte die West-Berliner Kulturprominenz in Villen, die oft zu Mietshäusern mit Luxuswohnungen umgestaltet worden waren. Auf großen Gartengrundstücken entstanden neue Mehrfamilienhäuser, denn in West-Berlin war der Baugrund knapp. Mit der Wiedervereinigung und dem Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin stieg die Nachfrage nach repräsentativen Residenzen, insbesondere für Diplomaten. Viele denkmalgeschützte Villen präsentieren sich wieder im alten Glanz und dienen gelegentlich wieder als stimmungsvoller Rahmen für Empfänge oder Hauskonzerte.

Bahnhof Grunewald

Bahnhof Grunewald

Bahnhof Grunewald

Ein langer Tunnel unter Bahngleisen und der Avus verbindet das Waldgebiet im Westen mit der Villenkolonie im Osten des S-Bahnhofs Grunewald. Seit 1879 war das Neubaugebiet für Millionäre durch den Vorortbahnhof ans Berliner Stadtzentrum angebunden. Zwanzig Jahre später entstand das malerische Empfangsgebäude, das der Architekt Karl Cornelius einem Burgtor nachempfand. Im Bahnhof und um seinen Vorplatz haben Ausflügler die Möglichkeit, bei einer Berliner Weiße oder Kaffee den Tag zu vertrödeln, sich für eine Wanderung durch den Grunewald zu verproviantieren oder ihren Flüssigkeitshaushalt nach dem Joggen ins Gleichgewicht zu bringen. Bei schönem Wetter herrscht Ferienstimmung auf dem Bahnhofsvorplatz, man fühlt sich weit weg von der Großstadt.

Wäre da nicht der Hinweis auf das Gleis 17 im Bahnhofstunnel! Von dort fuhr am 18. Oktober 1941 der erste Zug mit Menschen jüdischer Herkunft aus Berlin in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten ab. Der letzte von 186 Transporten verließ am 27. März 1945 Berlin. Insgesamt wurden 55.696 Menschen deportiert, um die Reichshauptstadt „judenrein“ zu machen, die meisten vom Bahnhof Grunewald.

Gedenkstätte Gleis 17

Gedenkstätte Gleis 17

Eine vielgestaltige Topografie des Gedenkens und Mahnens ist in den vergangenen Jahrzehnten um den Bahnhof gewachsen. An der Rampe, die vom Bahnhofsvorplatz zum Gleis 17 führte, steht seit 1991 eine Skulptur des polnischen Künstlers Karol Broniatowski. Aus einer Betonwand sind die Umrisse menschlicher Körper ausgespart. Die Deutsche Bahn als Nachfolgerin der Deutschen Reichsbahn, die Transporte in die Vernichtungslager durchführte und daran verdiente, stiftete 1998 das „Mahnmal Gleis 17“, geschaffen von der Architektin Andrea Wandel und den Architekten Nicolaus Hirsch und Wolfgang Lorch. Metalltafeln entlang des Bahnsteigs listen in chronologischer Reihenfolge sämtliche Deportationszüge auf, die seit 1941 von Berlin abgingen, mit den Bestimmungsorten und der Zahl der Verschleppten.

Bahnhofsvorplatz Birkenwäldchen

Bahnhofsvorplatz Birkenwäldchen

Auf dem Bahnhofsvorplatz pflanzte der polnische Künstler Łukasz Surowiec 2012 mit Azubis des Grünflächenamtes 15 Birken aus Auschwitz-Birkenau. Das Wäldchen ist Teil eines größeren Gedenkprojektes: Insgesamt 320 junge Birken, die rund um das ehemalige Vernichtungslager in Polen gewachsen waren, setzte der Künstler an verschiedene Orte in Berlin um. Im selben Jahr wurde eine ausgediente Telefonzelle auf dem Bahnhofsvorplatz in eine Tauschbox für gebrauchte Bücher umgewidmet. Der Initiator Konrad Kutt bereicherte die Tauschbörse regelmäßig mit Fachliteratur zu den Themen Nationalsozialismus und Holocaust. Er installierte eine Solaranlage für eine Audiobox, die Lieder des jüdischen Kantors Tal Koch abspielte oder Passagen aus dem Tagebuch der Anne Frank.

Im August 2023 ging die Telefonzelle in Flammen auf. Ein antisemitisches Bekennerschreiben ließ keinen Zweifel an den Motiven des Brandstifters. In der Nachbarschaft wurde Geld gesammelt und ein Benefizkonzert organisiert, um die zerstörte Bücherbox zu ersetzen. Das Bonner Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erwarb die Brandruine der Bücherbox als Ausstellungsstück.

Villa Sudermann Bettinastraße 12

Villa Sudermann Bettinastraße 12

Bettinastraße

Die rote Backsteinvilla an der Bettinastraße 3 gibt einen Eindruck von der frühesten Bebauungsphase in der Villenkolonie Grunewald. Der Architekt Otto March entwarf sie 1894 in Anlehnung an englische Landhäuser für den Ingenieur Hermann Rietschel. Der Konstrukteur vorbildlicher Heizungs- und Lüftungsanlagen war Rektor und Prorektor der Technischen Hochschule in Charlottenburg. 1910 kaufte das Haus Hermann Sudermann, damals der meistgespielte deutsche Dramatiker.

Villa Wohnhaus Hildegard Knef

Villa Wohnhaus Hildegard Knef

Auf der anderen Straßenseite, in der Bettinastraße 4, residierte in einer schlossartigen Villa von 1913 bis 1935 der Verleger Hans Ullstein, Seniorchef des größten deutschen Medienkonzerns in der Weimarer Republik. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurden die Redaktionen gleichgeschaltet, jüdische Mitarbeiter gefeuert, die Verlegerfamilie ins Exil getrieben und um ihren Besitz gebracht. Die Ullsteinvilla wurde erst 2013 abgerissen, um Luxuswohnungen auf dem attraktiven Grundstück mit Zugang zum Dianasee zu bauen.
An Hermann Sudermann und Hans Ullstein erinnern Gedenktafeln, nicht aber an die populäre Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef, die 1977 in die Bettinastraße 12 zog. Die Diva musste ihre große 14-Zimmer-Wohnung aber schon bald wieder räumen, da sie nach einer gescheiterten Tournee in Geldnöten steckte und die Miete von 4000 Mark schuldig blieb.

Park Harteneck

Park Harteneck

Douglasstraße und Park Harteneck

Die Bettinastraße knickt ab und geht in die Douglasstraße über, in der fast jedes Haus eine Geschichte zu erzählen hat. Da ist die riesengroße Villa Erxleben (Nr. 24–28), die 1907 für den Bankier Julius Erxleben gebaut wurde. In den 1950er Jahren diente sie als Kulisse für Edgar-Wallace-Filme. An der Douglasstraße 22 fällt zuerst die Fahne der Studentenverbindung Corps Borussia Berlin ins Auge, dann eine Gedenktafel für den Filmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau, der dort von 1919 bis 1926 wohnte. Murnau war einer der kreativsten Filmregisseure des deutschen Stummfilms („Nosferatu“), bis er nach Hollywood ging, wo er 1931 starb. Theatralisch und verspielt gibt sich die kurvenreiche Fassade der Villa Epstein (Nr. 15), eine Schöpfung des Berliner Theaterarchitekten Oskar Kaufmann für den Rechtsanwalt und Autor Max Epstein. Streng und verschlossen wirkt dagegen die Residenz des irischen Botschafters auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die einstige Villa Flechtheim (Nr. 12) wurde 1928 für Julius Flechtheim, einen der führenden Vertreter der deutschen Wirtschaft in der Weimarer Republik, gebaut. Dafür engagierte Flechtheim den Architekten Otto Rudolf Salvisberg, der mit seiner neusachlichen Formensprache einen nüchternen Kontrapunkt zu historistischen Protzbauten der Nachbarschaft setzte.

Kerr´sche Villa

Kerr´sche Villa

Am Zaun des Nachbargrundstücks (Nr. 10) hängt eine Gedenktafel für den bewunderten und gefürchteten Theaterkritiker Alfred Kerr. Es war seine letzte Adresse, ehe er im Jahr 1933 vor den Nationalsozialisten ins Ausland floh. Seine Tochter Judith Kerr hat die schmerzhafte Trennung von der vertrauten Umgebung aus der Sicht eines Kindes in ihrem Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ beschrieben. Trotz der erzwungenen Emigration blieben die Kinder Alfred Kerrs der Stadt Berlin eng verbunden. So stifteten sie den Alfred-Kerr-Darstellerpreis, der jedes Jahr während des Theatertreffens verliehen wird. Noch zu ihren Lebzeiten wurde eine Grundschule in Schmargendorf nach Judith Kerr benannt.

Villa Carl Harteneck Douglasstraße 7-9

Villa Carl Harteneck Douglasstraße 7-9

Die Parzellen in der Villenkolonie Grunewald waren ursprünglich so groß bemessen, dass sie nur für schwerreiche Käufer bezahlbar waren, zumal bloß ein kleiner Teil davon überbaut werden durfte. Um die Villen herum ließen sie große Privatparks anlegen. Eines dieser Anwesen wurde in den 1980er Jahren zum Gartendenkmal erklärt, so vor Bebauung geschützt, rekonstruiert und in eine öffentliche Grünanlage umgewandelt: der weitläufige Park der Villa Harteneck an der Douglasstraße 7–9. Haus und Garten plante 1911/12 der Architekt Adolf Wollenberg für den Chemiefabrikanten Carl Harteneck. Die streng klassizistische Villa ist auf einen Garten mit geometrischen Rosenrabatten, Springbrunnen und Pergola ausgerichtet. Spaziergänger sollten sich von dem eingeklinkten Tor zum Park nicht abschrecken lassen! Es soll lediglich die Wildschweine aus dem Grunewald von dieser Oase der Ruhe fernhalten. Die zugehörige Villa ist in Privatbesitz. Während der NS-Zeit war sie Dienstwohnsitz des Admirals Wilhelm Canaris. Der Chef des Militärgeheimdienstes hatte Verbindungen zu Widerstandskreisen und wurde deswegen im April 1945 hingerichtet.

Europäische Akademie

Europäische Akademie

Europäische Akademie

Das größte Anwesen in der Villenkolonie Grunewald erwarb um 1900 der Berliner Zeitungsverleger August Scherl durch den Ankauf mehrerer Grundstücke an der Bismarckallee. Er soll dort ein bombastisches Traumschloss für seine Ehefrau errichtet haben. Als es ihr nicht gefiel, ließ er es sofort wieder abreißen.
Auf das ehemalige Scherlsche Anwesen gelangt man durch das offene Tor der Europäischen Akademie (Bismarckallee 46/48). Dieses Tagungshaus wird von einem Verein getragen, der seit 1963 die politische Bildungsarbeit zu europäischen Themen fördert. Neben Tagungsräumen und Garten bietet die Villa 32 Gästezimmer: Ein perfekter Ort für mehrtägige Seminare mit internationalen Gästen.

Grunewaldkirche

Grunewaldkirche

Grunewaldkirche

Die Villenkolonie Grunewald ist kein historisch gewachsener Ortsteil. Sie besitzt keinen alten Anger mit einer Dorfkirche, um die sich ein Dorfleben entwickelte. Die Anmutung eines dörflichen Mittelpunktes geht von der Grunewaldkirche aus, die mit ihrer neugotischen Architektur einen mittelalterlichen Ursprung vortäuscht. An einem Knick der Bismarckallee wurde sie 1902 bis 1904 errichtet und im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Wegen ihrer guten Akustik wurde die Kirche in der Nachkriegszeit auch als Tonstudio geschätzt. So entstanden dort 1956 die ersten Stereoaufnahmen der Berliner Philharmoniker.

236. Kiezspaziergang - Löwenpalais

Löwenpalais

Löwenpalais

Wie ein barocker Schlossbau erstreckt sich das Löwenpalais entlang der Koenigsallee 30–32, errichtet 1903/04 für die Brauereibesitzerin Emilie Habel. Die zwei stattlichen Löwenfiguren an der Freitreppe gaben ihm den Namen. Sein Architekt Bernhard Sehring, der auch das Theater des Westens gebaut hat, liebte die große Geste. 1930 wurde das Palais in luxuriöse Wohnungen unterteilt, in denen 50er Jahre Filmstars logierten wie die Schauspieler O. W. Fischer und Horst Buchholz, der Verleger Ernst Rowohlt oder der Dirigent Sergiu Celibidache. Heute sind Künstlerateliers im Haus, es finden Ausstellungen und Konzerte statt. Die Familie Starke, die das Haus 1961 erwarb, gründete 1988 die gemeinnützige Stiftung Starke und machte das Haus zu einem Ort für Künstler.

Herthasee

Herthasee

Die Seen

Am Hasensprung und der Koenigsalleebrücke öffnen sich Grünanlagen zum Koenigs- und Herthasee, die wie der Diana- und Hubertussee künstlichen Ursprungs sind – anders als der Halensee im Norden und der Hundekehlesee im Süden der Villenkolonie. Der Baugrund war sehr sumpfig. Um dem abzuhelfen, wurden vier künstliche Seen ausgehoben und das Gelände rundum aufgeschüttet. Dadurch entstanden besonders attraktive Seegrundstücke für eine zahlungskräftige Klientel. Es gab sogar Überlegungen, die künstliche Seenkette mit der Havel zu verbinden und Dampfer darauf fahren zu lassen. Die Seen sind nicht sehr tief und wurden durch artesische Brunnen gefüllt. Da sie keine Fließgewässer sind, ist es eine besondere Herausforderung für den Bezirk, in Zeiten des Klimawandels eine gute Wasserqualität in den Seen aufrecht zu erhalten.

Bismarckalee Palais Mendelsohn

Bismarckalee Palais Mendelsohn

St.-Michaels-Heim

Am Herthasee erwarb der jüdische Bankier Franz von Mendelssohn ein weitläufiges Grundstück. Der kaiserliche Hofbaurat Ernst von Ihne errichtete für ihn bis 1908 ein Palais im englischen Landhausstil. Legendär waren die Wohltätigkeitskonzerte im Haus, bei denen herausragende Musiker auftraten. Als Schatzmeister der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft förderte der Hausherr die Wissenschaften, als Präsident der Berliner Handelskammer suchte er nach dem Ersten Weltkrieg den Austausch mit Wirtschaftsverbänden im Ausland. Sein Andenken wird durch die Franz-von-Mendelssohn-Medaille wachgehalten, eine jährlich verliehene Auszeichnung für gesellschaftlich engagierte Unternehmen in Berlin.
Nach dem Tod Franz von Mendelssohns im Jahr 1935 wurde das Palais Mendelssohn von den jüdischen Erben unter Zwang an das Deutsche Reich verkauft, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nach Kriegsende von der britischen Besatzungsmacht als Schule genutzt. Nachdem es an die Mendelssohnschen Erben restituiert worden war, boten diese die Halbruine zum Verkauf an. 1957 erwarb das heutige Sozialwerk der Johannischen Kirche das Palais Mendelssohn und baute es zum Jugendgästehaus und Hotel aus. Seither heißt es St.-Michaels-Heim. Es ist ein offenes Haus, in dem noch etwas von der Atmosphäre der Vorkriegszeit spürbar ist. Eine Sozialstation, eine Kindertagesstätte und ein Kinderheim, Arztpraxen, ein Biergarten und ein Bioladen haben Platz gefunden auf dem großen Anwesen, auf dem man frei herumspazieren kann.

Gedenktafel Walther Rathenau

Gedenktafel Walther Rathenau

Rathenau-Denkmal

An der Kurve der Koenigsallee nahe der Einmündung der Erdener Straße knallten am 24. Juni 1922 mehrere Schüsse, dann explodierte eine Handgranate in einem offenen Wagen. Das Attentat galt dem Industriellen, Schöngeist und damaligen Reichaußenminister Walther Rathenau, der sofort starb. Rathenau war ohne Personenschützer auf dem Weg von seiner (erhaltenen) Villa an der Koenigsallee 65 ins Ministerium, als Rechtsradikale ihm auflauerten und ihn ermordeten. Wegen seines Reichtums und seiner jüdischen Herkunft war er schon lange eine Zielscheibe antisemitischer Hetze gewesen. Am Ort des Attentats gab es bereits vor 1933 eine Gedenktafel, die von den Nazis entfernt wurde. Seit 1946 steht dort wieder ein Gedenkstein.

Stele zum Deutschen Kolonialismus in der Baraschstraße

Stele zum Deutschen Kolonialismus in der Baraschstraße

Baraschstraße und Erdener Straße 8

Der Straßenname ist neu: Am 26. Februar 2022 wurde die ehemalige Wissmannstraße in Baraschstraße umbenannt. Anlass war ein wachsendes Unbehagen der Bezirksverordneten an der Ehrung des Afrikaforschers und Gouverneurs der Kolonie Deutsch-Ostafrika Hermann von Wissmann. Im Auftrag des Deutschen Reiches stellte Wissmann im Jahr 1888 eine Söldnertruppe zusammen, die den Widerstand gegen die deutschen Kolonialherren mit brutaler Gewalt brach. Im Kaiserreich wurde Wissmann dafür als Held gefeiert und in den Adelsstand erhoben. Vor seiner Ernennung zu Gouverneur wohnte Wissmann 1895 einige Monate in der Villenkolonie Grunewald, in der Hagenstraße 39. Noch zu seinen Lebzeiten wurde die Wissmannstraße nach ihm benannt. Bei der Suche nach einem neuen Namen fiel die Wahl auf die jüdische Familie Barasch. Arthur Barasch baute mit seinem Bruder Georg eine Warenhauskette auf und lebte seit 1921 in einer Villa in der Wissmannstraße 11. 1939 war er gezwungen, das Haus zu verkaufen, im Vernichtungslager Auschwitz wurde er 1942 ermordet. Seine Frau und die Kinder überlebten im Exil.

An der Erdener Straße 8 ehrt ein Porträtrelief den Verleger Samuel Fischer, der von 1905 bis zu seinem Tod 1934 mit seiner Familie dort wohnte. Er gründete den bedeutendsten Verlag für die literarische Moderne in Deutschland, der Autoren wie Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Hermann Hesse und Alfred Döblin an sich band. Auch Walther Rathenaus Schriften erschienen bei S. Fischer. In der Erdener Straße 8 ging die Kulturprominenz der Weimarer Republik ein und aus. 1933 mussten viele Autoren ins Ausland fliehen. Während in Deutschland Peter Suhrkamp den Verlag fortführte, gründete Samuel Fischers Schwiegersohn eine neuen im Ausland. Aus dieser Konstellation gingen in der Nachkriegszeit die heutigen Verlage Suhrkamp und S. Fischer hervor.

Wissenschaftskolleg

Wissenschaftskolleg

Wissenschaftskolleg

Ein Ort grenzenloser intellektueller Freiheit ist seit 1981 das Wissenschaftskolleg in der Wallotstraße 19. Jedes Jahr arbeiten 45 Fellows an einem Projekt ihrer Wahl, ohne sich nachträglich für das rechtfertigen zu müssen, was sie zustande gebracht haben (oder auch nicht). Die meisten kommen aus den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften; sie treffen hier auf Komponisten, Schriftsteller, Journalisten, Regisseure oder Diplomaten beiderlei Geschlechts. Das Wissenschaftskolleg ermöglicht den Fellows die Konzentration auf ein eigenes Werk, ohne Belastung durch akademische Alltagsverpflichtungen, und bietet zugleich inspirierenden Austausch über das eigene Fachgebiet hinaus. Der Berliner Großstadttrubel scheint weit weg und ist doch nur ein paar Busstationen entfernt. Bei seiner Gründung als Eliteschmiede beargwöhnt, zählt das Wissenschaftskolleg heute zu den Leuchttürmen des nationalen und internationalen Wissenschaftsbetriebs.

Garten Villa Linde

Garten Villa Linde

Zum kleinen Campus des Wissenschaftskollegs gehören die Villa Linde (Wallotstraße 19) als Hauptgebäude, die Weiße Villa (Wallotstraße 21), die Villa Walther (Koenigsallee 20), die Villa Jaffé (Wallotstraße 10) und ein Neubau aus den 1980er Jahren (Wallotstraße 21). Ein öffentlicher Seitenpfad führt hinter die Villa Linde in eine idyllische Grünanlage, wo man den Spaziergang mit einem Blick auf den Halensee ausklingen lassen kann. Wegen der schlechten Wasserqualität war das Baden im See zwölf lange Jahre lang verboten, dank einer neuen Filteranlage ist es seit 2016 im Strandbad Halensee an der Koenigsallee 5B wieder möglich.

Route Grunewald

Route Grunewald

Den Stadtspaziergang gibt es auch auf komoot. Weitere Informationen sind auf der Webseite von komoot zu finden.