Flora und ihre Kinder strebten eine Ausreise in die USA an. Alle Pläne wurden durch den Krieg und die völlige Entrechtung der Juden durchkreuzt.
Da Nathan keinerlei Alimente für seine Kinder zahlen konnte, musste Flora seine Geschäfte mit den in der Wohnung verbliebenen Schneidereiartikeln fortsetzen. Sie tat dieses heimlich, denn Nathans Firma war 1939 zwangsweise aufgelöst worden. So besuchte sie die alten Kunden und verkaufte ihnen die noch vorhandenen Waren.
Von Yvonne ist bekannt, dass sie ebenso wie ihre Mutter den Beruf der Schneiderin, bzw. einer Putzmacherin erlernte.
Kurt wurde Werkzeugmacher. Ob die Beiden jemals in ihren Berufen eine Anstellung fanden ist nicht bekannt.
Am 18. Oktober 1941 wurden Flora, Kurt und Yvonne in das Getto Lodz verschleppt. Es war der allererste Deportationszug, mit dem Berliner Juden – es wurden über 1000 Menschen in die Waggons gepfercht – vom Bahnhof Berlin – Grunewald aus nach Lodz, von den Nazis in Litzmannstadt umbenannt, transportiert wurden. Sie wurden dort zusammen in einer Behausung in der Hohensteiner Straße 31/32 untergebracht.
Als Todesdatum wurde für alle Drei der 12. November 1942 benannt, der
Todesort das Getto.
Am 11. September 1946 erhielt Hugo Sussmann in Zürich einen Brief der ebenfalls im Getto gefangenen Flora Herberger, in der sie über Floras, Kurts und Yvonnes Schicksal detailliert berichtet:
bq. Sehr geehrter Herr Sussmann:
Schon so lange liegt es mir am Herzen Ihnen zu schreiben und Ihnen die letzten Grüße Ihrer Schwester, Frau Flora Klein zu übermitteln. Wir, meine Tochter und ich, sind vor ungefähr einem Jahr nach fast vier Jahren KZ Haft zurückgekommen. Wir waren sehr lange krank und zur Erholung weg. Deswegen hören Sie erst heute von mir.- Ich war fast drei Jahre mit Ihrer Schwester und deren Kindern Ivonne und Kurt im Getto Lodz. – Sie hatte ein besonders schreckliches Schicksal – verlor nach einem Jahr Ivonne durch Typhus – dieselbe hatte sich bei ihrer Mutter angesteckt, die diese Krankheit gut überstand. – Dann fing Kurt an krank zu werden und starb nach langem entsetzlichem Siechtum an T.B. – Alles durch Hunger verursacht, unter dem wir schreckliche Qualen litten. Aller Sehnsucht war, noch einmal mit ihren Lieben zusammen sein zu können und durch alles Erzählen sind Sie mir ganz vertraut geworden. Ihre Schwester fiel dann auch der großen Vernichtung, welche im August
1944 noch 50000 Juden, welche von 185000 geblieben waren betrafen, zum Opfer und zwar kam dann alles nach Auschwitz und nur ein ganz kleiner Prozentsatz kam wie ein Wunder mit dem Leben davon……
Das Todesdatum 12. November 1942, das für Mutter und Kinder genannt wurde, kann den Aussagen dieser Zeugin zufolge nur für Yvonne stimmen.
Recherche und Text: Karin Sievert
Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Landesarchiv Berlin
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
Loose: „Berliner Juden im Getto Litzmannstadt 1941 – 1944
Fotos: Yad Vashem Opferdatenbank Gedenkblätter für Flora Klein, Kurt Klein, Yvonne Klein