Stolpersteine Giesebrechtstraße 3

Hauseingang Giesebrechtstr. 3

Hauseingang Giesebrechtstr. 3

Vor dem Haus Giesebrechtstraße 3 wurden am 08.05.2011 die Stolpersteine für Cäcilie und Dr. Ernst Holländer, Rosa und Charlotte Schlein verlegt und von Dr. Caroline Hinds, Brigitte Krämer-Stoyer, Klaus Kramer, Peter Böhme und Winfried Werner gespendet.

Stolperstein für Dr. Ernst Holländer

Stolperstein für Dr. Ernst Holländer

HIER WOHNTE
DR. ERNST
HOLLÄNDER
JG. 1883
DEPORTIERT 14.11.1941
ERMORDET IN
MINSK

Ernst Holländer wurde am 4. April 1893 in Berlin geboren. Er hatte Jura studiert, promoviert und war Landgerichtsrat. Er bewohnte mit seiner Familie seit August 1919 eine großzügige 6-Zimmer-Wohnung im 3. Stock links des Vorderhauses Giesebrechtstraße 3. Mit seiner Frau Cäcilie Holländer, geb. Jacoby, geboren am 11. August 1890 ebenfalls in Berlin, hatte er vier Kinder, die sich ins Ausland absetzen konnten. Ihr Sohn Kurt wohnte 1948 in Chicago, Illinois.

Als Jude wurde Dr. Holländer verboten, seinen Beruf auszuüben. Er verlor bereits 1933 durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ sein Amt als Landgerichtsrat. Er hatte keinen Zugriff mehr auf sein Vermögen in beträchtlicher Höhe, das durch die Nazis eingezogen wurde.

Ernst und Cäcilie waren es gewohnt, in Wohlstand und Achtung zu leben. Jetzt war Dr. Ernst Holländer mittellos und gezwungen, seinen Lebensunterhalt für sich und seine Frau als Lagerarbeiter bei den Hüttenwerken Emil Schmidt in Lichtenberg zu bestreiten. Am 11. November 1941 wurden die Wohnung und alle darin befindlichen Gegenstände beschlagnahmt und Holländers mussten die Wohnung verlassen. Das Ehepaar wurde in das Sammellager in der Synagoge Levetzowstr. 8 beordert. Am 14. November 1941 wurden beide von Grunewald ins 1120 Kilometer entfernte Ghetto Minsk (Weißrussland) deportiert und dort ermordet. Die Angabe der Zentralen Opferdatei von Yad Vashem, Cäcilie Holländer sie in Kowno (Litauen) umgebracht worden, ließ sich anhand des Bundesarchivs nicht erhärten.

Die Wohnung wurde am 24. Januar 1942 an „Bombengeschädigte“ freigegeben. Im Februar 1942 wurden Schönheits- und Grundreparaturen auf Kosten der nach Nazi-Jargon „reparaturpflichtigen evakuierten Juden“ vorgenommen. Da waren beide vermutlich schon tot.

Auch die Mutter und die Schwester Ernst Holländers sind Opfer des Holocaust. Elisabeth Holländer, geb. Bunzl, geboren am 25. Dezember 1868 in Hamburg, lebte bis 1939 in der Wittelsbacher Straße 21. Bei ihr wohnte ihre verwitwete, kinderlose Tochter Alice Schwabe, geb. Holländer, geboren am 24. Dezember 1889 in Berlin. Elisabeth wurde im Alter von 83 Jahren am 27. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Alice Schwabe wurde am 27. Oktober 1941 nach Lodz deportiert und am 30. Januar 1942 ums Leben gebracht.

Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv; Bundesarchiv, Gedenkbuch; Yad Vashem Datenbank; Theresienstadt Operdatei; Statistik des Holocaust.

Stolperstein für Cäcilie Holländer

Stolperstein für Cäcilie Holländer

HIER WOHNTE
CÄCILIE
HOLLÄNDER
GEB. JACOBY
JG. 1890
DEPORTIERT 14.11.1941
ERMORDET IN
MINSK

Stolperstein für Rosa Schlein

Stolperstein für Rosa Schlein

HIER WOHNTE
ROSA SCHLEIN
GEB. FINK
JG. 1881
DEPORTIERT 11.7.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Rosa Schlein, geb. Fink wurde am 13. Dezember 1881 in Kostow (Kosztowy) in Schlesien, heute Polen, geboren. Sie lebte vor dem Zweiten Weltkrieg mit ihrem Mann, der Kaufmann war und vor 1935 gestorben ist, und ihrem Sohn Lothar in Berlin. Während der Kriegsjahre wohnte sie zusammen mit der 28 Jahre jüngeren Charlotte Schlein, geb. Koche, in der Giesebrechtstraße 3. Eintrag im Adressbuch von 1939: Schleim, L., Kfm. und Schleim, R.., Ww. (wobei anstatt „Schlein“ der Name „Schleim” gedruckt war, „L“ für Lothar stand, offenbar Charlottes Mann, und „Ww.“ für „Witwe“).

Leider ist über ihr Leben, ihren gestorbenen Mann, ihre Familie und ihre Lebensumstände nichts bekannt. Im Juli 1942 wurde Rosa in ihrer letzten, sicherlich erzwungenen Unterkunft Mommsenstraße 19 verhaftet und am 11. Juli mit einem von den Nazis so genannten „Teiltransport“ von 210 Menschen aus Berlin, insgesamt mit 1002 Insassen, die meisten aus Braunschweig, Magdeburg und Frankfurt/Oder, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Auf einer Zusatzliste vom 25.6.1942 zur Deportationsliste dieses Sammeltransports standen die Namen von denen, deren „Vermögen verfallen bzw. eingezogen worden ist“. Bei manchen war auch vermerkt: „ohne“. Das Todesdatum von Rosa Schlein, die 61 Jahre alt war, ist nicht bekannt.

Quellen: Bundesarchiv, Yad Vashem, Deportationsliste, Statistik des Holocaust, Berliner Adressbücher:

Stolperstein für Charlotte Schlein

Stolperstein für Charlotte Schlein

HIER WOHNTE
CHARLOTTE SCHLEIN
GEB. KOCH
JG. 1909
DEPORTIERT 1.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Charlotte Schlein, geb. Koch wurde am 22. September 1909 in Berlin geboren. Sie lebte in Berlin. Über ihren Mann Lothar Schlein, der als Kaufmann, allerdings unter dem Namen “Schleim“, bis 1939 im Adressbuch stand, ihre Berufstätigkeit und nähere Lebensumstände ist nichts bekannt. Sie wohnte mit Rosa Schlein, geb. Fink, die 28 Jahre älter war, in der Giesebrechtstraße 3 zusammen. Deren Mann war vor 1935 gestorben, Lothar war bei Volkszählung am 31.5.1939 nicht mehr erfasst, also wohl ebenfalls tot. Schätzungsweise 1942 musste Charlotte Schlein kurzfristig nach Schöneberg in die Freisinger Straße 18 umziehen.

Im Februar 1943 wurde sie verhaftet und am 1. März ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Charlotte gehörte vermutlich zu den Jüdinnen, die bis dahin aufgrund des kriegswichtigen Arbeitseinsatzes von der Deportation zurückgestellt waren. Diese sollten zur Zwangsarbeit im Buna-Werk nach Auschwitz deportiert werden. Charlotte war 34 Jahre alt und passte in die NS-Kategorie „arbeitsfähig“, egal wie ihr Gesundheitszustand war. Der von den Nazis „Osttransport“ genannte Reichsbahnzug verfrachtete am 1. März 1943 1736 Personen. Eine unvorstellbare Zahl an Menschen, zusammengepfercht in Waggons ohne jegliche Versorgung. Zu den Überlebenden gehörte Charlotte nicht. Sie wurde in Auschwitz ermordet.

Quellen: Bundesarchiv, Yad Vashem, statistik-des-holocaust, Deportationsliste.
Texte: Monika Herz.