Stolpersteine Lietzenburger Str. 56

Hauseingang Lietzenburger Str. 56, 05.04.11 Foto: B.Plewa

Hauseingang Lietzenburger Str. 56, 05.04.11 Foto: B.Plewa

Vor dem Haus Lietzenburger Straße 56 wurden am 05.06.2004 die Stolpersteine für Adele, Arnhold und Heinz Salomonsohn verlegt.

Stolperstein für Adele Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

Stolperstein für Adele Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

HIER WOHNTE
ADELE
SALOMONSOHN
GEB MARCUS
JG. 1887
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA

Adele Salomonsohn wurde am 28. Dezember 1887 als Tochter des Kaufmanns Nathan Marcus und seiner Ehefrau Berta, geb. Senft, in Inowrozlaw geboren (heute Inowrocław / Polen). Im Grenzgebiet des Deutschen Reiches gelegen, gehörte der Ort damals zur Provinz Posen, von 1904 bis 1920 hieß er Hohensalza. Ungefähr die Hälfte der Einwohner waren Polen, man sprach Deutsch und Polnisch. Die kleine Stadt lag an der Netze, nicht weit entfernt von den Orten, in denen die Verwandten des späteren Ehemannes von Adele Marcus lebten. Die jüdische Gemeinde war groß, die wohlhabenderen und gebildeten Mitglieder sprachen Deutsch.
Vater Nathan Marcus besaß ein Manufakturwaren bzw. Herrenausstattungsgeschäft am Markt in Inowrozlaw/Hohensalza. Dort, wo auch andere Verwandte ihre Geschäfte hatten, standen meist zweistöckige Häuser. Im Parterre lagen die Läden, darüber die Wohnungen. Die Familie gehörte zu den wohlhabenden Bürgern.
Adele Marcus war eines von sieben Kindern, neben einer Schwester hatte sie fünf Brüder. Sie besuchte die höhere Töchterschule der Stadt und absolvierte dann die übliche hauswirtschaftliche Ausbildung, wahrscheinlich im elterlichen Haushalt. Eine der wenigen für Frauen möglichen Berufsausbildungen erhielt sie nicht: Sie „wartete“ auf den zukünftigen Ehemann. Und wie auch ihre Schwester bekam sie eine große Mitgift.
Am 31. Dezember 1910 heiratete Adele Marcus den 1877 geborenen Kaufmann Arnhold Salomonsohn aus Vandsburg (heute Więcbork/Polen), der ebenfalls aus einer Familie von Kaufleuten stammte und zu dieser Zeit in Mainz, im Westen Deutschlands, arbeitete. Am 15. November 1911 brachte Adele Marcus dort ihren ersten Sohn Manfred auf die Welt. Die Familie kehrte schon bald nach Vandsburg zurück, wo Arnhold Salomonsohn eines der Geschäfte seines verstorbenen Vaters übernahm. Adele Salomonsohn lebte als Hausfrau und Mutter. Im Ersten Weltkrieg war ihr Ehemann Soldat.
Nach dem Ende des Krieges verließen die Salomonsohns Vandsburg (das 1920 polnisch wurde) und gingen nach Berlin. Dort gründeten Adeles Ehemann und einer ihrer Brüder (die Vornamen wechseln in der Erinnerung und auf den Dokumenten) eine Großhandlung für Konfektion in der Nähe des Spittelmarktes. Die Familie wohnte in der (heute nicht mehr existierenden) Raupachstraße 9 in Berlin-Mitte, wo sie bis 1927/28 blieben. Am 12. Januar 1920 wurde der zweite Sohn Heinz geboren.
Nach einigen Jahren gaben Ehemann und Bruder die Großhandlung am Spittelmarkt auf und eröffneten drei Einzelhandelsgeschäfte in Berlin-Spandau, Berlin-Neukölln und in der märkischen Stadt Velten. Das Geschäft an der Victoriastraße in Velten trug als „Kaufhaus Hermann Jontofsohn“ den Namen des ehemaligen Eigentümers. Ehemann Arnhold Salomonsohn war der Alleininhaber, aber das Ehepaar leitete das Geschäft gemeinsam. Adele Salomonsohn war für den Einkauf und den Verkauf zuständig – eine leitende Position, denn zwei Verkäuferinnen gingen ihr zur Hand. Die Familie wohnte im selben Haus. Sohn Heinz ging in Velten zur Schule. Es war nach der Erinnerung einer Nichte ein „gutes Leben“. Dieses Leben endete 1933: Arnold Salomonsohn musste das Geschäft aufgeben. Das war auch das Ende der Tätigkeit von Adele Salomonsohn, die ja ohne formale Berufsausbildung war und nun wieder zur „Hausfrau“ wurde.

Die Familie ging nach Berlin zurück. Dort wohnte sie seit 1934 in einer 2-Zimmer-Wohnung im Parterre des Gartenhauses der Lietzenburger Straße 2 in Berlin-Wilmersdorf. Der ältere Sohn Manfred, der Exportkaufmann geworden war und nicht mehr bei den Eltern wohnte, emigrierte 1936 nach Südafrika. Sohn Heinz blieb bei den Eltern.
Ehemann Adolph Salomonsohn übernahm Vertretungen und scheint für kurze Zeit auch die Stelle seines emigrierten Sohnes bei der Firma Lichtenthal und Wieselberg am Kurfürstendamm übernommen zu haben. Sohn Heinz Salomonsohn musste als Jude das Gymnasium verlassen und arbeitete danach in einer Großhandlung. Zuletzt wurden Ehemann und Sohn zur Zwangsarbeit gepresst. Heinz Salomonsohn wurde zudem 1941 wegen eines Verstoßes gegen die Ausgangsbestimmungen für Juden festgenommen und inhaftiert. Über die Sorgen der Ehefrau und Mutter kann niemand berichten.
Am 5. September 1942 wurden Adele, Arnhold und Heinz Salomonsohn mit fast 800 anderen Menschen vom Güterbahnhof Moabit mit dem „19. Osttransport“ nach Riga deportiert. Nach drei Tagen Fahrt wurden 80 Handwerker zur Arbeit in das Ghetto geschafft, die übrigen Deportierten wurden gleich nach der Ankunft erschossen. Zu ihnen gehörte auch die Familie Salomonsohn.

In Berlin hatten auch mehrere Brüder von Adele Salomonsohn gelebt, sie wurden mit ihren Ehefrauen ermordet. Sohn Manfred Salomonsohn, der seinen Nachnamen änderte und sich Salo nannte, gründete in Südafrika eine Familie. Er starb 1978. Seine Kinder und Enkel haben die Stolpersteine gespendet.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Recherche von Bettina Eisbrenner im Nachlass von Wolfgang Knoll
Deutscher Reichsanzeiger 1900, 1904, 1914
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Labo Berlin Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Yad Vashem. Opferdatenbank
https://arolsen-archives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/
https://www.juedische-gemeinden.de/
https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/Content/65830/PDF/240.pdf (Der Gesellige vom 13.10.1915, Annonce)
https://www.bae-berlin.de/unternehmen/historie.html (Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide)
https://www.yumpu.com/de/document/read/7206395/sonja-miltenberger-judisches-leben-am-text-o-verlag/ (Sonja Miltenberger: Jüdisches Leben am Kurfürstendamm, Berlin 2011)
https://www.heimat-der-vorfahren.de/index.php/Thread/6985-Selbst%C3%A4ndige-des-Kreises-Inowra-c-zlaw-Hohensalza-1895/ (Selbstständige des Kreises Inowraclaw (Hohensalza) 1895)

Stolperstein für Arnhold Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

Stolperstein für Arnhold Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

HIER WOHNTE
ARNHOLD
SALOMONSOHN
JG 1877
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA

Arnhold Salomonsohn kam am 20. März 1877 in Sypniewo (deutsch: Sittnow), einem Dorf in der Nähe der westpreußischen Stadt Vandsburg (Więcbork/Polen) auf die Welt. Er war das erste Kind des jüdischen Kaufmanns Markus Salomonsohn (1851–1903, auch 1850–1902) und dessen Ehefrau Rosa, geb. Conitzer (1853–1902). Von seinen sechs jüngeren Geschwistern starben drei bereits einen Tag nach der Geburt und eine Schwester als Vierzehnjährige. Mit Arnhold erwachsen wurde seine Schwester Auguste (1878–1912).
Die Vorfahren und zahlreichen Verwandten waren Kaufleute und lebten nicht weit voneinander entfernt in den kleinen Landstädten und Dörfern in der Nähe des Flusses Netze. Je nach Geschäftslage scheinen sie ganz selbstverständlich umgezogen zu sein. Der Vater von Arnhold Salomonsohn besaß mehrere Geschäfte für Manufakturwaren in Vandsburg. Im Ort gab es eine Synagoge, einen jüdischen Friedhof und zum Zeitpunkt der Geburt von Arnhold Salomonsohn auch einen von der Gemeinde bezahlten Rabbiner. Gleichzeitig zogen die (meist ärmeren) Juden Richtung Westen, die wohlhabenderen Kaufleute aber blieben. So auch die Familie Salomonsohn. Da Arnhold Salomonsohn Latein beherrschte, wird er ein Gymnasium besucht haben. Danach absolvierte er eine kaufmännische Lehre. Mitte der 1890er-Jahre lebte er zur Untermiete in Posen. Unklar ist, ob noch in der Ausbildung oder mit erster Anstellung.
1904, nach dem Tod von Markus Salomonsohn, übernahm Leo Salomon, der Ehemann von Arnholds Schwester Auguste, eins der Geschäfte in Vandsburg. Arnhold Salomonsohn ging nach verschiedenen Anstellungen in das weit entfernte Mainz. Dort wurde er Geschäftsführer einer Filiale des Alsberg-Konzerns, der in vielen Städten (rechtlich) selbstständige Textilgeschäfte und Kaufhäuser betrieb. (Bis zur „Arisierung“ der Firma war „Alsberg“ vor allem im Westen Deutschlands ein bekannter Begriff.) Am 31. Dezember 1910 heiratete Arnhold Salomonsohn die aus seiner Heimat stammende, 1887 geborene Adele Marcus aus Inowrazlaw (Hohensalza) (Inowrocław/Polen). Ihr Vater Nathan Marcus besaß dort ein Herrenmodengeschäft. Am 15. November 1911 wurde in Mainz ihr Sohn Manfred geboren.
Die junge Familie kehrte in den Osten zurück, und Arnhold Salomonsohn übernahm noch vor dem Ersten Weltkrieg in Vandsburg ein Geschäft seines verstorbenen Vaters. Im Oktober 1915 annoncierte er:
„Für die Manufakturenwar.-Abteilung erste tüchtige Verkäuferin der poln. Sprache mächtig, per sofort evtl. 1.11. gesucht. Reflekt. wird nur auf fleißige Kraft. A. Salomonsohn’s Warenhaus Vandsburg“.
Während des Krieges (1917/1918) war Arnhold Salomonsohn Soldat. Nach Kriegsende verließ auch er das Städtchen Vandsburg (das 1920 polnisch werden sollte) und ging nach Berlin. Dort gründete er mit einem Schwager eine Konfektionsgroßhandlung in der Nähe des Spittelmarktes.
Die Familie wohnte in der (heute nicht mehr existierenden) Raupachstraße 9 in Berlin-Mitte. Am 12. Januar 1920 wurde der Sohn Heinz geboren.
Bis 1927/28 sollte die Familie in Berlin-Mitte wohnen. Nach einigen Jahren gaben die beiden Kaufleute die Großhandlung am Spittelmarkt auf und eröffneten drei Einzelhandelsgeschäfte in Berlin-Spandau (Kaufhaus Wilhelmstadt), in Berlin-Neukölln und in der kleinen märkischen Stadt Velten: Das Geschäft an der Victoriastraße lief unter dem Namen des ehemaligen Eigentümers als Kaufhaus Hermann Jontofsohn. Arnhold Salomonsohn war der Alleininhaber, die Ehepartner leiteten gemeinsam das Geschäft. Die Familie wohnte in demselben Haus. Sohn Heinz ging in Velten zur Schule. Es war nach der Erinnerung einer Nichte ein „gutes Leben“.
Dieses Leben endete 1933: Arnold Salomonsohn musste das Geschäft aufgeben. Er zog mit Ehefrau Adele und Sohn Heinz nach Berlin zurück. Dort wohnte die Familie seit 1934 in einer 2-Zimmer-Wohnung im Parterre des Gartenhauses der Lietzenburger Straße 2 in Berlin-Wilmersdorf. Der ältere Sohn Manfred, der Exportkaufmann geworden war und nicht mehr bei den Eltern wohnte, emigrierte 1936 nach Südafrika. Sohn Heinz blieb bei den Eltern.
Adolph Salomonsohn übernahm Vertretungen und scheint für kurze Zeit auch die Stelle seines emigrierten Sohnes bei der Firma Lichtenthal und Wieselberg am Kurfürstendamm übernommen zu haben. Sohn Heinz musste als Jude das Gymnasium verlassen und arbeitete danach in einer Großhandlung.
Zuletzt wurden Arnhold und Heinz Salomonsohn zur Zwangsarbeit gepresst: Der Vater arbeitete in Berlin-Oberschöneweide in der Akkumulatorenfabrik AG, in der für den Krieg besonders wichtige Batterien hergestellt wurden, der Sohn bei einer Firma für Laborbedarf im Bezirk Kreuzberg.

Am 5. September 1942 wurde Arnhold Salomonsohn mit seiner Ehefrau Adele und dem Sohn Heinz (und fast 800 anderen) vom Güterbahnhof Moabit aus mit dem „19. Osttransport“ nach Riga deportiert. Nach drei Tagen Fahrt wurden 80 Handwerker zur Arbeit in das Ghetto geschafft, die übrigen Deportierten wurden gleich nach der Ankunft erschossen. Die Familie Salomonsohn kehrte nicht zurück.

In Berlin hatte schließlich auch sein Schwager Leo Salomon gelebt: Er wurde mit seiner zweiten Ehefrau Käthe im Oktober 1941 nach Lodz deportiert und ermordet.
Sohn Manfred Salomonsohn, der seinen Nachnamen änderte und sich Salo nannte, gründete in Südafrika eine Familie. Er starb 1978. Seine Kinder und Enkel haben die Stolpersteine gespendet.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Recherche von Bettina Eisbrenner im Nachlass von Wolfgang Knoll
Deutscher Reichsanzeiger 1900, 1904, 1914
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Labo Berlin Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Yad Vashem. Opferdatenbank
https://arolsen-archives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/
https://www.juedische-gemeinden.de/
https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/Content/65830/PDF/240.pdf (Der Gesellige vom 13.10.1915, Annonce)
https://www.bae-berlin.de/unternehmen/historie.html (Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide)
https://www.yumpu.com/de/document/read/7206395/sonja-miltenberger-judisches-leben-am-text-o-verlag/ (Sonja Miltenberger: Jüdisches Leben am Kurfürstendamm, Berlin 2011)
https://www.heimat-der-vorfahren.de/index.php/Thread/6985-Selbst%C3%A4ndige-des-Kreises-Inowra-c-zlaw-Hohensalza-1895/ (Selbstständige des Kreises Inowraclaw (Hohensalza) 1895)

Stolperstein für Heinz Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

Stolperstein für Heinz Salomonsohn, 05.04.11 Foto: B.Plewa

HIER WOHNTE
HEINZ
SALOMONSOHN
JG. 1920
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA

Heinz Salomonsohn kam am 12. Januar 1920 in Berlin als zweites Kind des Kaufmanns Arnhold Salomonsohn und dessen Ehefrau Adele, geb. Marcus, auf die Welt. Sein 1877 in der Nähe von Vandsburg in der Provinz Westpreußen (heute Więcbork/Polen) geborener Vater stammte aus einer großen Kaufmannsfamilie, die in den kleinen Städten und Dörfern in der Nähe des Flusses Netze gelebt hatten oder noch lebten. Der Großvater Salomonsohn besaß in Vandsburg mehrere Geschäfte für Manufakturwaren und Textilien. Die Mutter Adele, zehn Jahre jünger als der Vater, war in Inowrozlaw (Hohensalza) aufgewachsen. Auch ihre Verwandten waren Kaufleute, der Großvater Nathan Marcus besaß ein Herrenmodengeschäft am Markt der Stadt.
Die Eltern hatten 1910 geheiratet. Sein Vater lebte zu dieser Zeit in Mainz und arbeitete als Geschäftsführer einer Filiale des Alsberg-Konzerns. Am 15. November 1911 wurde dort Heinz’ älterer Bruder Manfred geboren. Die Eltern kehrten mit ihrem kleinen Kind in den Osten zurück, und Arnhold Salomonsohn übernahm in Vandsburg ein Geschäft des inzwischen verstorbenen Großvaters. Während des Krieges war der Vater Soldat.
Nach Kriegsende verließen die Eltern das Städtchen Vandsburg (das 1920 polnisch werden sollte) und gingen nach Berlin. Der Vater gründete mit einem Schwager eine Konfektionsgroßhandlung in der Nähe des Spittelmarktes. Zum Zeitpunkt der Geburt von Heinz Salomonsohn wohnte die Familie in der (heute nicht mehr existierenden) Raupachstraße 9 in Berlin-Mitte. Hier verbrachte Heinz seine Kindheit.
Nach einigen Jahren gaben Vater und Onkel die Großhandlung am Spittelmarkt auf und eröffneten drei Einzelhandelsgeschäfte in Berlin-Spandau (Kaufhaus Wilhelmstadt), in Berlin-Neukölln und in der kleinen märkischen Stadt Velten (Kaufhaus Hermann Jontofsohn).
Die Familie lebte nun in Velten. Der Vater war Alleininhaber des Geschäftes an der Victoriastraße, das die Eltern gemeinsam leiteten. Die Familie wohnte in demselben Haus. Heinz ging in Velten zur Schule. Sein Bruder Manfred war Exportkaufmann geworden und lebte bald nicht mehr bei den Eltern. Es war nach der Erinnerung einer Cousine, die ihre Vettern dort besucht hatte, ein „gutes Leben“.
1933 musste der Vater das Geschäft aufgeben. Er zog mit Ehefrau Adele und Sohn Heinz nach Berlin zurück. Dort wohnte die Familie seit 1934 in einer 2-Zimmer-Wohnung im Parterre des Gartenhauses der Lietzenburger Straße 2 in Berlin-Wilmersdorf. Der Bruder Manfred lebte am Kurfürstendamm 213 – wie es aussieht, bei seinem Arbeitgeber, der Firma Lichtenthal und Wieselberg, die mit Textilien, vor allem mit Seide, handelte. Er emigrierte 1936 nach Südafrika. Heinz Salomonsohn, der das Abitur machen wollte, besuchte ein Gymnasium in der Nähe der Wohnung, musste es aber als Jude verlassen und arbeitete danach in einer Großhandlung.
Vater Adolph Salomonsohn versuchte es mit Vertretungen und scheint für kurze Zeit auch die Stelle seines emigrierten Sohnes Manfred bei der Firma Lichtenthal und Wieselberg übernommen zu haben.
Seit Beginn des Zweiten Weltkrieges gab es ab 20 Uhr ein abendliches Ausgangsverbot für Juden. 1941 wurde Heinz Salomonsohn abends auf der Straße festgenommen, weil er die Sperrstunde missachtet hatte. Er wurde in das Zellengefängnis in der Lehrter Straße geschafft, ein Untersuchungsgefängnis, das seit 1940 auch von Polizei und Gestapo genutzt wurde. Wie lange er dort war und was mit ihm geschah, bleibt unklar.
Zuletzt aber scheint Heinz Salomonsohn wieder bei den Eltern gewohnt zu haben. Vater und Sohn mussten Zwangsarbeit leisten. Die Mutter war „Hausfrau“. Heinz Salomonsohn arbeitete bei der Firma Vereinigte Laborbedarfs- und Glaslieferungs G.m.b.H. in der Lausitzer Straße 10 im Bezirk Kreuzberg. Die Firma produzierte während des Krieges Geräte und Behälter für den Laborbedarf von Luftschutz und Wehrmacht.
Am 5. September 1942 wurde Heinz Salomonsohn mit seinen Eltern (und fast 800 anderen) vom Güterbahnhof Moabit aus mit dem „19. Osttransport“ nach Riga deportiert. Auf der Transportliste ist als Anschrift für ihn und die Eltern die Lietzenburger Straße 2 angegeben. Nach drei Tagen Fahrt wurden 80 Handwerker zur Arbeit in das Ghetto von Riga geschafft, die übrigen Deportierten wurden gleich nach der Ankunft erschossen. Auch der noch junge Heinz Salomonsohn hatte keine Chance, wenigstens eine Zeit lang im Ghetto zu überleben.

In Berlin hatten auch viele Verwandte der Eltern gelebt. Die meisten wurden in den Lagern und Ghettos des Ostens ermordet. Der nach Südafrika emigrierte Bruder Manfred Salomonsohn änderte seinen Nachnamen und nannte sich „Salo“. Er gründete eine Familie und starb 1978 in seiner neuen Heimat. Seine Kinder und Enkel haben die Stolpersteine gespendet.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Recherche von Bettina Eisbrenner im Nachlass von Wolfgang Knoll
Deutscher Reichsanzeiger 1900, 1904, 1914
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Labo Berlin Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Yad Vashem. Opferdatenbank
https://arolsen-archives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/
https://www.juedische-gemeinden.de/
https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/Content/65830/PDF/240.pdf (Der Gesellige vom 13.10.1915, Annonce)
https://www.bae-berlin.de/unternehmen/historie.html (Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide)
https://www.yumpu.com/de/document/read/7206395/sonja-miltenberger-judisches-leben-am-text-o-verlag/ (Sonja Miltenberger: Jüdisches Leben am Kurfürstendamm, Berlin 2011)
https://www.heimat-der-vorfahren.de/index.php/Thread/6985-Selbst%C3%A4ndige-des-Kreises-Inowra-c-zlaw-Hohensalza-1895/ (Selbstständige des Kreises Inowraclaw (Hohensalza) 1895)