HIER WOHNTE
DR. GEORG
GORTATOWSKI
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 11.2.1943
Dr. Georg Gortatowski wurde am 25. Januar 1876 in Insterburg, Ostpreußen, geboren, dem heutigen Tschernjachowsk in der russischen Exklave Kaliningrad. Seine Eltern waren Samuel und Ottilie Gortatowski, geb. Heilbrunn [so Todesfallanzeige, laut Sohn Herbert: geb. Hirsch]. Er wurde Zahnarzt und eröffnete bereits als 22-Jähriger 1898 eine Praxis in Berlin, in der Neuen Königstraße. 1905 heiratete er Betty Gortatowski, die am 30. November 1879 in Mogilno in der Provinz Posen (polnisch: Poznan) als Tochter von Leopold Wrzeszinski und Ottilie, geb. Kuttner, geboren worden war, und zog mit ihr in die Münzstraße 24. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Herbert Ludwig geboren, 1909 der zweite Sohn Günther Sigismund.
1910 erstand Georg Gortatowski ein Haus in Charlottenburg, Kantstraße 41, und richtete Wohnung und Praxis dort ein. 1914 dann verkaufte er das Haus wieder und zog in die Kantstraße 33. Auch dort war die Praxis in seiner 5-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock untergebracht. Gemessen an dem damaligen Standard gehörte die Wohnung zu den geräumigen und großzügig ausgestatteten Wohnungen. Wie er in der später von den Nationalsozialisten von ihm verlangten „Vermögenserklärung“, festhielt, hatte sie Balkon, Fahrstuhl und Warmwasser und besaß außer der Diele ein Badezimmer und eine Mädchenkammer.
Nach 1933 verlor Dr. Georg Gortatowski aufgrund von Diskriminierung und Boykott der Juden zahlreiche Patienten, seine Berufsausübung war dementsprechend zunehmend eingeschränkt. Sohn Herbert wanderte schon im April 1933 nach New York aus. Auch Günther, inzwischen Journalist, lebte nicht mehr in Berlin. Er starb 1937 in Paris.
Nachdem die Nationalsozialisten am 25.7.1938 jüdische Ärzte und Zahnärzte mit einem Berufsverbot belegt hatten, musste Georg Gortatowski sich nun „Zahnbehandler“ nennen und durfte nur noch jüdische Patienten behandeln. In der „Vermögensakte“ der Oberfinanzdirektion, wie sie über alle zur Deportation bestimmten Juden angelegt wurde, ist vermerkt, dass das Wohnzimmer vermietet war, der Untermieter jedoch schon früher „evakuiert“ worden sei, und dass das Inventar vom Gerichtsvollzieher nach der so umschriebenen Deportation mit 293,72 RM bewertet und für 235,02 RM an eine Trödlerin verkauft wurde. Es fällt auf, dass die „Verwertung“ des Wohnungsinventars nur einen vergleichsweise niedrigen Betrag ergab. Ein Grund hierfür war die 1939 verstärkt durchgesetzte Ausplünderung von Juden durch die erzwungene Ablieferung von Wertsachen sowie die Einschränkungen des täglichen Lebens, denen Juden ausgesetzt waren.
Dr. Georg Gortatowski wurde gemeinsam mit seiner Frau Betty am 3. Oktober 1942 mit insgesamt mehr als 1000 Menschen aus dem Sammellager in der Großen Hamburger Straße nach Theresienstadt deportiert. Georg Gortatowski wurde am 11. Februar 1943 in Theresienstadt ermordet, er starb infolge Herzmuskel-, Gelenk- und Lungenentzündungen, wie in der Todesurkunde vermerkt ist. Seine Frau Betty kam am 9. November 1943 ums Leben, von ihr ist kein Totenschein erhalten, ihr Name taucht jedoch auf der Krematoriumsliste von Theresienstadt auf.
Quellen: Brandenburgsche Landshauptarchiv (BLHA), Akten der Oberfinanzdirektion, Gottwald/ Schulle: Die Judendeportationen, Opferdatei Theresienstadt, Akten des Landesentschädigungsamtes Berlin, Berliner Adressbücher
Text und Recherche: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf