Stolpersteine Kantstraße 33

Hauseingang Kantstr. 33

Die Stolpersteine für Betty und Dr. Georg Gortatowski wurden am 04.06.2004 verlegt.

Die Stolpersteine für Selma und Max Flatau wurden am 17.04.2012 verlegt. Sie wurden von den Nachkommen Rosemarie Goosmann (Cottbus) und Dorothea Fürst (Waren/Müritz) gespendet.

Stolperstein Dr. Georg Gortatowski

HIER WOHNTE
DR. GEORG
GORTATOWSKI
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 11.2.1943

Dr. Georg Gortatowski wurde am 25. Januar 1876 in Insterburg, Ostpreußen, geboren, dem heutigen Tschernjachowsk in der russischen Exklave Kaliningrad. Seine Eltern waren Samuel und Ottilie Gortatowski, geb. Heilbrunn [so Todesfallanzeige, laut Sohn Herbert: geb. Hirsch]. Er wurde Zahnarzt und eröffnete bereits als 22-Jähriger 1898 eine Praxis in Berlin, in der Neuen Königstraße. 1905 heiratete er Betty Gortatowski, die am 30. November 1879 in Mogilno in der Provinz Posen (polnisch: Poznan) als Tochter von Leopold Wrzeszinski und Ottilie, geb. Kuttner, geboren worden war, und zog mit ihr in die Münzstraße 24. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Herbert Ludwig geboren, 1909 der zweite Sohn Günther Sigismund.

1910 erstand Georg Gortatowski ein Haus in Charlottenburg, Kantstraße 41, und richtete Wohnung und Praxis dort ein. 1914 dann verkaufte er das Haus wieder und zog in die Kantstraße 33. Auch dort war die Praxis in seiner 5-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock untergebracht. Gemessen an dem damaligen Standard gehörte die Wohnung zu den geräumigen und großzügig ausgestatteten Wohnungen. Wie er in der später von den Nationalsozialisten von ihm verlangten „Vermögenserklärung“, festhielt, hatte sie Balkon, Fahrstuhl und Warmwasser und besaß außer der Diele ein Badezimmer und eine Mädchenkammer.

Nach 1933 verlor Dr. Georg Gortatowski aufgrund von Diskriminierung und Boykott der Juden zahlreiche Patienten, seine Berufsausübung war dementsprechend zunehmend eingeschränkt. Sohn Herbert wanderte schon im April 1933 nach New York aus. Auch Günther, inzwischen Journalist, lebte nicht mehr in Berlin. Er starb 1937 in Paris.

Nachdem die Nationalsozialisten am 25.7.1938 jüdische Ärzte und Zahnärzte mit einem Berufsverbot belegt hatten, musste Georg Gortatowski sich nun „Zahnbehandler“ nennen und durfte nur noch jüdische Patienten behandeln. In der „Vermögensakte“ der Oberfinanzdirektion, wie sie über alle zur Deportation bestimmten Juden angelegt wurde, ist vermerkt, dass das Wohnzimmer vermietet war, der Untermieter jedoch schon früher „evakuiert“ worden sei, und dass das Inventar vom Gerichtsvollzieher nach der so umschriebenen Deportation mit 293,72 RM bewertet und für 235,02 RM an eine Trödlerin verkauft wurde. Es fällt auf, dass die „Verwertung“ des Wohnungsinventars nur einen vergleichsweise niedrigen Betrag ergab. Ein Grund hierfür war die 1939 verstärkt durchgesetzte Ausplünderung von Juden durch die erzwungene Ablieferung von Wertsachen sowie die Einschränkungen des täglichen Lebens, denen Juden ausgesetzt waren.

Dr. Georg Gortatowski wurde gemeinsam mit seiner Frau Betty am 3. Oktober 1942 mit insgesamt mehr als 1000 Menschen aus dem Sammellager in der Großen Hamburger Straße nach Theresienstadt deportiert. Georg Gortatowski wurde am 11. Februar 1943 in Theresienstadt ermordet, er starb infolge Herzmuskel-, Gelenk- und Lungenentzündungen, wie in der Todesurkunde vermerkt ist. Seine Frau Betty kam am 9. November 1943 ums Leben, von ihr ist kein Totenschein erhalten, ihr Name taucht jedoch auf der Krematoriumsliste von Theresienstadt auf.

Quellen: Brandenburgsche Landshauptarchiv (BLHA), Akten der Oberfinanzdirektion, Gottwald/ Schulle: Die Judendeportationen, Opferdatei Theresienstadt, Akten des Landesentschädigungsamtes Berlin, Berliner Adressbücher
Text und Recherche: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Stolperstein Betty Gortatowski

HIER WOHNTE
BETTY
GORTATOWSKI
GEB. WRZESZINSKI
JG. 1879
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 9.11.43

Stolperstein Max Flatau

HIER WOHNTE
MAX FLATAU
JG. 1871
DEPORTIERT 15.12.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 26.4.1943

Max Flatau wurde am 11. November 1871 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern, die aus Posen gekommen waren, geboren. Von Beruf Jurist, wohnte er viele Jahre in Berlin, wo er zuletzt am Amtsgericht als Jugendrichter tätig war.

Emma Goosmann, zu dieser Zeit Hausangestellte der Eltern Flatau, brachte am 22.08.1899 den Sohn Max Goosmann zur Welt, dessen Vater Max war. Emma Goosmann war Christin und zog den unehelich geborenen Sohn allein auf. Max Goosmann wurde evangelischer Pfarrer, wirkte viele Jahre in Berlin und war Mitglied der Bekennenden Kirche. Er starb am 8. November 1971. Nach ihm wurde die Pfarrer-Goosmann-Straße in Berlin-Adlershof benannt, wo er 40 Jahre lang Pfarrer war und beerdigt ist.
Der letzte bekannte Wohnsitz von Max Flatau und seiner späteren Frau Elsa, geb. Rosenthal, die am 16. Mai 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht wurde, war die Kleine Frankfurter Straße 8-9. Diese Straße existiert heute nicht mehr, sie ist in den 1960er Jahren der nördlichen Bebauung der Karl- Marx-Allee gewichen. 1941 war der fast 70-Jährige im Adressbuch zuletzt als „Amtsgerichtsrat a.D.“ aufgeführt.

Zusammen mit seiner Frau und seiner Schwester wurde Max Flatau am 15. Dezember 1942 mit einem von den Nazis mit der Nummer I/80 bezeichneten Transport von 100 Jüdinnen und Juden vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. Dort kam er am 26. April 1943 ums Leben.

Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam; Erinnerungen der Familie. Zusammenstellung: Micaela Haas

Stolperstein Selma Flatau

HIER WOHNTE
SELMA FLATAU
JG. 1875
DEPORTIERT 15.12.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 31.3. 1944

Max Flataus Schwester Selma Flatau wurde am 12. Juni 1875 in Berlin geboren.
Die Eltern stammten aus Posen und kamen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts nach Berlin. Ihre Gräber befinden sich auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.

Selma Flatau war Sekretärin im Reichstag. 1905 ist sie erstmals im Adressbuch als „Maschinenschreiberin“ eingetragen. Nach mehreren Umzügen innerhalb Berlins wohnte sie zuletzt in der Kantstraße 33. Dort war sie noch im Jahr 1943 aufgeführt, wurde aber bereits wie ihr Bruder Max und dessen Frau am 15. Dezember 1942 über das Sammellager Gerlachstraße 18-21 vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. Sie wurde dort am 31. März 1944 ums Leben gebracht.

Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam; Erinnerungen der Familie. Zusammenstellung: Micaela Haas