Doch nicht nur für junge Besucher ist das Museum ein lohnendes Ziel. Auch für viele Touristen gehört das Haus inzwischen zum „Standard“ eines Berlin-Besuches. Etwa ein Drittel der Besucher kommt aus dem Ausland. Damit besucht jeder zehnte internationale Berlin-Besucher auch das Jüdische Museum, die Gäste kommen vor allem aus den USA, den Niederlanden und Dänemark.
Die Gründe für das Interesse sind dabei ebenso vielfältig wie die Herkunftsländer. Da gibt es jene, die schon „viel über das Museum gehört haben“ und für die ein Besuch deshalb ein „Muss“ ist. Andere wollen (auch) mehr zur jüdischen Geschichte vor und nach der Zeit des Nationalsozialismus erfahren. Wieder andere lockt die renommierte Architektur des Libeskind- Neubaus. Und schließlich kommen auch Gäste, die ein spezielles Einzelinteresse vertiefen wollen. Besonders unter den Zeitzeugen von Flucht und Vertreibung gibt es eine „überwältigende Resonanz“, wie Eva Söderman berichtet. Seit der Eröffnung des Jüdischen Museums konnten – übrigens auch durch den Leserkreis von aktuell – neue Kontakte geknüpft und vorhandene vertieft werden. Das zur Verfügung gestellte Material, das manchmal ganze Familienkonvolute umfasst, macht das Geschehen auch für jüngere Generationen begreifbar. Etwa 25 Mal im Jahr
gibt es Archiv-Workshops, in denen Lebensläufe und persönliche Gegenstände Anlass für die intensive Beschäftigung mit jüdischem Leben bieten.
Die große Bandbreite unterschiedlicher Angebote sorgt dafür, dass es für alle Besucher und ihre verschiedenen Interessen immer wieder etwas Neues zu erfahren und zu entdecken gibt. Dazu tragen neben der Dauerausstellung vor allem die wechselnden Sonderausstellungen bei. So gastiert von Juli bis September 2007 eine Ausstellung mit 1.300 Werken der Künstlerin Charlotte Salomon aus den Jahren 1940 bis 1942, im Februar 2008 widmet sich eine Sonderausstellung unter dem Motto „bis zur Kenntlichkeit entstellt” gängigen Stereotypen.
Darüber hinaus setzt das Museum auch Themenschwerpunkte mit Bezug zum aktuellen Zeitgeschehen. So griff im März eine „Darfur-Aktionswoche“ den gegenwärtigen Konflikt im Westen Sudans auf. „Im Allgemeinen widmen wir uns vor allem Themen mit jüdischem Hintergrund. Das Thema Darfur wird derzeit aber auch in Deutschland ernsthaft in den Medien und der Öffentlichkeit diskutiert, so dass wir einen Beitrag zu dieser Diskussion leisten wollen“, so Eva Söderman. Die in der Region Darfur begangenen Verbrechen und die systematische Vertreibung nichtarabischer Einwohner ins Nachbarland Tschad waren im Jüdischen Museum auch Thema von „Heimat und Exil – Jugend debattiert“. Jugendliche aus Berlin setzten sich in diesem Rahmen mit den Themen Flucht und Exil auseinander. Zum Abschluss diskutierten sie mit Politikern und dem Direktor des Jüdischen Museums, W. Michael Blumenthal, über den Kontext von Flucht und Vertreibung in der Vergangenheit und der Gegenwart.
Damit stand die Veranstaltung auch im Kontext der letzten Sonderausstellung „Heimat & Exil“. Am Beispiel von 14 Lebensläufen wurden darin persönliche Erfahrungen rund um Leben, Vertreibung und Flucht gezeigt. Familienbilder aus den 1930er Jahren, gezeigt am Eingang zur Ausstellung und untermalt mit fröhlicher Musik, erhielten im Auge des Besuchers nach den gezeigten Dokumenten des antisemitischen Wahns der Nationalsozialisten eine ganz andere Wirkung. Im Mittelpunkt der Ausstellung: das Schicksal der „kleinen Leute“. Für manche war die Flucht der Start in ein neues, erfolgreiches Leben, andere scheiterten beim erzwungenen Neuanfang. Einige wurden Fotografen, Unternehmer, Hühnerfarmer in New Jersey oder Schauspieler in Hollywood, andere nahmen sich, überfordert von der neuen Situation, das Leben.
Die Ausstellung endet mit dem Zwiespalt vieler Flüchtlinge: wie mit dem „neuen“ Deutschland umgehen?
Wer ins Jüdische Museum kommt, hat darauf meist eine individuelle Antwort gefunden. Und der Weg hierher lohnt sich bald zusätzlich. Denn schon in der nahen Zukunft wird das Haus um eine weitere Attraktion reicher. Im September 2007 soll der von Daniel Libeskind entworfene Glashof eingeweiht werden. Damit wird zusätzlicher Platz für größere Veranstaltungen mit bis zu 500 Gästen geschaffen. Der bisher genutzte Konzertraum im Dachgeschoss des Altbaus war bei vielen Anlässen dem großen Interesse nicht mehr gewachsen. Mit dem maßgeblich durch Sponsoren, Spender und auch den Bund finanzierten 600 Quadratmeter großen Glashof, dessen Form sich auf eine Sukkah, eine Laubhütte, bezieht, können deshalb weitere Programme und Konferenzen stattfinden, für Ereignisse wie die alljährliche Verleihung des Preises für Verständnis und Toleranz gibt es künftig mehr Raum.