Text aus: Parks in Berlin. Die 50 schönsten Grünanlagen zwischen Pankow und Britz
Autor: Bahr, Christian
Jaron Verlag
Broschur, 240 Seiten, 58 farbige Fotos
ISBN 978-3-89773-420-3
12,95 Euro
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Der Volkspark Hasenheide bietet neben viel Grün einen Tierpark, ein Freiluftkino und einen Rosengarten.
Der Volkspark Hasenheide in Neukölln hat einen schlechten Ruf. In der Tat ähneln gewisse Bereiche eher einem florierenden Drogenbasar als einer Grünanlage. Gerät der Ortsunkundige unverhofft in einen solchen Abschnitt, mögen ihm manche Szenen durchaus surreal erscheinen.
Für sentimentale, romantische Seelen ist die Hasenheide sicher kein geeignetes Ausflugsziel. Doch trotz der sichtbaren Probleme bietet der Volkspark abseits der finsteren Winkel viel Platz für entspannte Erholung. Besonders das Angebot für Kinder ist beachtenswert. Hervorzuheben sind der Tierpark Neukölln und der große Spielplatz "Märchen aus 1001 Nacht".
Der Tierpark – auch "Naturhaus in der Hasenheide" genannt – geht über das hinaus, was in Volksparks üblicherweise an Streichelzoos oder Wildgehegen zu finden ist. Nahe der Straße Hasenheide erstreckt sich ein baumreiches Areal, in dem Tiere aus verschiedenen Kontinenten leben. Ein Emu aus Australien zählt ebenso dazu wie Kashmir-Ziegen aus Asien Parks-oder Alpakas aus Südamerika.
Friedlich grast ein „Hansyak“ genanntes Rind aus dem Himalaja neben einem schottischen Hochlandrind. Ponys, Esel, Damwild, Ziegen und Pfauen erfreuen die Heranwachsenden. Der liebevoll angelegte Mini- Zoo, für den kein Eintritt verlangt wird, soll vergrößert und durch einen Baumlehrpfad ergänzt werden, der sich südlich anschließen wird.
In zentraler Lage ist der aufwendig gestaltete Märchen- Spielplatz zu finden: Hier klettern und tollen die Kinder unter hohen Holzpalmen oder entern ein Piratenschiff. Aus Holz gefertigte Kamele, eine Riesenkobra und osmanische Dächer machen die orientalische Illusion perfekt.
Nachbar des Spielplatzes ist das Freiluftkino Hasenheide mit 1000 Plätzen, das von 1955 bis 1958 als Naturtheater angelegt wurde. Aus derselben Zeit stammt auch die „Hasenschänke“, ein Imbiss-Pavillon in zeittypischer Architektur mit Vorplatz, der im Sommer als Café genutzt wird.
Die Vergnügungsorte konzentrieren sich im Zentrum der Hasenheide, im Verlauf der Karlsgartenstraße. 1987 entstand neben dem Pavillon ein Rosengarten mit dem Grundriss eines Rondells. Mit Pergolen, Bänken und einem Brunnen ist der eingefriedete Garten ein Ruhepol im Park.
In gewisser Weise knüpft der Tierpark an den Ursprung des Parks an, dessen putzig klingender Name erstmals 1678 erwähnt wird. Die Hasenheide war nämlich tatsächlich einmal ein eingezäuntes Terrain, in dem die Vierbeiner mit den langen Löffeln gehalten wurden – auf Wunsch des Großen Kurfürsten, der sich damit saftige Braten für die Tafel am Hof sicherte.
Unter seinen Thronfolgern okkupierte das Militär das Freigelände südlich der Residenzstadt. Eine Radierung aus der Zeit um 1730 zeigt eine große Parade des Regiments Gens d’Armes für König Friedrich Wilhelm I. in der Hasenheide. Im 19. Jahrhundert nutzte das preußische Heer große Teile des Geländes als Übungs- und Schießplatz.
Zugleich bot das waldartige Areal ab Mitte des 19. Jahrhunderts aber auch jede Menge Freiraum für volkstümliches Vergnügen mit Karussells und allerlei Kuriositäten.
Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde das Gebiet durch Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852), der in der Hasenheide erstmals öffentlich Gymnastikübungen durchführte. Den ersten deutschen Turnplatz richtete er dort 1811 gemeinsam mit Karl Friedrich Friesen (1784–1814) ein. Die Leibesübungen unter Kieferbäumen, verknüpft mit freiheitlichem Gedankengut, waren der preußischen Krone zunächst suspekt. Jahn wurde 1819 als Demagoge verhaftet und das Turnen in der Hasenheide 1820 verboten.
Unter König Friedrich Wilhelm IV. fiel das Turnverbot, und 1843 konnte in der Hasenheide ein neuer Turnplatz errichtet werden. Eine jahrhundertealte Eiche mit gut fünf Meter Stammumfang an der Fontanestraße, Ecke Karlsgartenstraße gehört zu den Kultorten in der Geschichte des Turnens. An den Ästen der Jahn-Eiche soll der Turnvater den ersten Schülern Reckübungen beigebracht haben.
Nach dem Tod Jahns wollten die Berliner Turnvereine ihm am Ort seines Wirkens ein Denkmal setzen. Erdmann Encke entwarf das Bronzestandbild, das 1872 in der Hasenheide enthüllt wurde. Beeindruckend sind die über 130 Gruß- und Gedenktafeln, die von Turnvereinen aus aller Welt stammen und den Denkmalssockel zieren.
Für seinen Wegbegleiter Friesen schuf bereits Jahn den Friesenhügel mit Gedenkstein am östlichen Parkweg unweit der Jahn-Eiche.
Der landschaftlich gestaltete Park in seiner heutigen Gestalt entstand in Zusammenhang mit dem Bau des ehemaligen Flughafens Tempelhof in der NS-Zeit. Dem raumgreifenden Komplex fiel nämlich einer der großen Volksparks der Weimarer Zeit zum Opfer. Dieser 1919–25 auf dem Tempelhofer Feld und einem Teilbereich der Hasenheide errichtete Park besaß mit 85 Hektar eine beachtliche Größe
Als Ersatz für die verlorengegangene Grünfläche leitete Stadtgartendirektor Joseph Pertl (1899–1989) im Jahr 1936 die Neugestaltung der Hasenheide auf dem heutigen Areal in die Wege. Der Bereich der alten preußischen Schießstände wurde dabei einbezogen.
Die ersten Umbauarbeiten betrafen das Jahn-Denkmal, das 80 Meter nach Süden an seinen heutigen Standort verlegt wurde. Ein erhöhter Aufmarschplatz entstand quer zur Statue. Der Jahn-Hain, zu dem zwei symmetrisch angeordnete Wege von der Straße Hasenheide führen, wurde am letzten Tag der Olympischen Spiele 1936 eingeweiht.
Durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen, konnten die Arbeiten am Park 1951 fortgesetzt werden. Im Westen des bewegten Geländes türmte man aus Trümmerschutt die "Rixdorfer Höhe" auf, einen begrünten, 27 Meter hohen Hügel, zu dessen oberstem Plateau verschlungene Wege führen. Wegen des dichten Baumwuchses, darunter viel Nadelgehölz, hat man hier allerdings keine Fernsicht. Am Fuße des Schuttberges erinnert ein Denkmal an die knochenharte Arbeit der Trümmerfrauen, die nach dem Ende des Weltkriegs wiederverwendbare Backsteine aus den Ruinen bargen und den Schutt abräumten.
Die Skulptur am Eingang gegenüber der Graefestraße ist ein Werk der Bildhauerin Katharina Singer von 1955. An diesem Zugang befindet sich eine Minigolf-Anlage. Die Hasenheide, die Richtung Süden allmählich ansteigt, ist rund 50 Hektar groß.
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